Ein intelligentes Stromnetz für Europa

02.01.10 In Europa und angrenzenden Regionen können Windernergie, Wasserkraft und Solarenergie mit einem intelligenten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetzes (HGÜ) vernetzt werden.

Dazu wurde an der Uni Kassel von dem Physiker Gregor Czisch ein Konzept entwickelt, das es möglich machen würde, innerhalb von 20 Jahren komplett auf erneuerbare Energien umzusteigen und auf Kohle- und Atomkraft zu verzichten. Vorraussetzung dafür ist die intelligente Vernetzung von ertragsstarken Windkraft-, Wasserkraft- und Solarstandorten in Europa, Nordafrika und Russland mittels HGÜ-Leitungen, die auf lange Strecken Strom mit deutlich geringeren Verlusten übertragen und deshalb auch schon in einigen Weltregionen benutzt werden.

 

Für die Energieversorgung Europas würde es völlig ausreichen, in den o.g. Regionen nur die besten Standorte zu nutzen, etwa an der Sahara-Küste Südmarokkos eine 6 MW-Windkraftanlage pro Quadratkilometer. HGÜ-Leitungen sind finanzierbar: so kostet z.B. eine Leitung von Südmarokko nach Norwegen etwa genauso viel wie drei neue Kohlekraftwerke. Eine solche transnationale Leitung ist bei vorhandenem politischen Willen bis 2015 realisierbar. Von der übers Jahr verteilten unterschiedlichen Energieverfügbarkeit her würden sich Europa und Nordafrika auch gut ergänzen. Zur Speicherung könnten die schon vorhandenen Stauseen und Pumpspeicherwerke (z.B. in Skandinavien und den Alpen) genutzt werden. Windstrom aus Marokko mit Erzeugungs- und Transportkosten von durchschnittlich ca. 4,5 Ct/kWh könnte dann bei Bedarf in Speicherseen in Skandinavien und den Alpen gespeichert werden. Dieses Konzept würde den beteiligten südlichen Ländern auch mehr wirtschaftliche und entwicklungspolitische Vorteile bringen und stellt damit auch ein Szenario für eine friedlichere Welt dar.

 

Die jährlichen Investitionskosten (über 20 Jahre) für das gesamte HGÜ-Konzept betragen knapp 80 Mrd. Euro für den gesamten Raum mit ca. 1,1 Mrd. Einwohnern und liegen damit in einer vergleichbaren Größenordnung wie die Konjunkturprogramme I und II der alten Bundesregierung. Bei den großen Energieversorgern, z.B. der EnBW, stößt das HGÜ-Konzept aber aus kurzfristigen wirtschaftlichen Überlegungen auf wenig Gegenliebe, da es weniger Rendite verspricht als der Weiterbetrieb von Kohle- und Atomkraftwerken. Kommunale Energieversorger aus der Schweiz und Norwegen planen aber derzeit bereits eine HGÜ-Leitung von Norddeutschland nach Norwegen, um bis 2014 die norddeutsche Windkraft mit der norwegischen Wasserkraft zu vernetzen. Die Niederlande haben bereits 2008 eine solche Leitung für Ihre Windkraft fertig gestellt. Intensiv diskutiert wird dieser in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannte Lösungsansatz inzwischen auch von Klimaforschern, Rückversicherungen und politischen Organisationen.

Lesen Sie hier den Bericht der Badischen Zeitung über unsere Veranstaltung mit Manfred Schieß (Rastatt) vom 12.11.09 zum oben behandelten Thema. Seine Präsentation finden Sie hier.